Wer nicht fragt, der …

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Lesedauer 4 Minuten

… nicht gewinnt, heißt es ja so schön oder doch eher…?

Mal verliert man und mal gewinnen die anderen.

Otto Rehhagel

Zurück zum Thema und somit zum…

1. Akt – die Entdeckung/Anfrage

Auf einer meiner Hunderunden im angrenzenden Wald, entdeckte ich eines schönen Tages einen sehr alten Ginster, der eine für mich außergewöhnliche Wuchsform aufwies. Diese Wuchsform und der dazugehörige Baum ließ meine Bonsai-Synapsen ein Tänzchen im Kopf aufführen. Wir alle (die Synapsen und auch ich) sahen dieses Ungetüm schon als Kaskade und als Blickfang an einem besonders exponiertem, leicht erhöhten Platz in meinem Garten stehen. 😉

Wie allseits bekannt, kann der emotionalisierte Bonsai-Hunter hier nicht einfach mit Spaten und Hacke antreten, um seine Gelüste ad-hoc in die Tat umzusetzen.

Das Prozedere ist grds. klar und doch so gar nicht. Natürlich muss man sich vom Eigentümer/Verwalter der Liegenschaft das Einverständnis/die Erlaubnis einholen und genau da begann mein kleines Problem.

OK, ich bin im Wald, also der Förster, soweit klar … nur welcher? Wir haben hier mehrere Reviere und somit natürlich verschiedene potenzielle Anzusprechende/Entscheidende.

Um mein Problem zu lösen, ging ich ins iNet auf die Suche und landete immer wieder bei den Berliner Forsten. Ich machte also noch Vorort eine E-Mail fertig und nun hieß es abwarten.

An: Berliner Forsten
Betreff: Entnahme eines Ginsters

Guten Tag,

ich pflege das Hobby Bonsai und habe beim Hundespaziergang einen für mich interessanten Ginsterbaum gesehen.

Foto und Standort (roter PIN) siehe Anlagen.

An wen müsste ich mich wenden, wenn in Berlin das Entnehmen von Bäumen grundsätzlich (gegen Berechtigungsschein und natürlich Gebühr) wie in anderen Bundesländern erlaubt ist?

Bedanke mich im Voraus für Ihre Antwort

Freundlich grüßt
G. Austen

2. Akt – Die Antwort von den Berliner Forsten

Heute kam, erstaunlicherweise die Antwort (in Berliner “Rekordzeit”) und zack sind wir leider doch wieder bei “König” Otto (Rehagel).

Es steht mir einfach nicht zu, über Gesetze und deren regionale besondere Ausprägung zu richten, dennoch sage ich in solchen Momenten gerne (hier eher hilflos) “Willkommen in Deutschland” bzw. “typisch Berlin”. Berlin sieht sich hier wieder einer besonderen “Vorreiterrolle”.

Von: Berliner Forsten
Betreff: Entnahme eines Ginsters

Sehr geehrter Herr Austen,

vielen Dank für Ihre Anfrage.
Gemäß dem Berliner Landeswaldgesetz sind die Aufgaben der Berliner Forsten „die Verwaltung, Pflege und Bewirtschaftung des landeseigenen Waldes“. Das vorrangige Ziel der Pflege und Bewirtschaftung ist die Sicherung der im Interesse der Allgemeinheit liegenden Wohlfahrtswirkungen des Waldes als Schutz- und Erholungswald. Dies ist ein Ansatz zur Pflege eines Stadtwaldes, anders als in anderen Bundesländern, welche andere Aufgabenstellungen besitzen sind und auch nicht ausschließlich der Erholungsfunktion dienen. Aus diesem Grund haben wir die Entnahme von einzelnen Bäumen in § 9 LWaldG geregelt. Leider trifft keiner der 5 Gründen bei Ihnen zu.
Auch in einen Baumschule oder Baumarkt ist ein Ginster käuflich zu erwerben.
Ich hoffe, Sie können unsere Argumentation verstehen, und um auch kommenden Generationen die grünste Stadt Europas erhalten zu können.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

Hier mal der benannte Passus, §9 aus dem LWaldG Berlin zur besseren Einordnung der Begründung von den Berliner Forsten

§ 9 Genehmigung zur Baumbeseitigung

Die Beseitigung von Einzelbäumen im Wald bedarf der Genehmigung, soweit diese nicht

  1. auf Grund einer genehmigten Umwandlung gemäß § 6 erfolgt,
  2. der planmäßigen Bewirtschaftung gemäß den §§ 11 und 12 Abs. 1 dient
  3. der Aufrechterhaltung und Herstellung der Verkehrssicherheit dient,
  4. der forstlichen Erschließung dient oder
  5. der Abwehr von Waldschäden dient.

Die Vorschriften der Baumschutzverordnung sind sinngemäß anzuwenden.

3. Akt – Nochmalige Nachfrage bei den Berliner Forsten

Natürlich könnte/sollte ich mich mit der Antwort der Berliner Forsten zufrieden geben und an König Otto (Rehagel) denken, aber ich habe auch einen Beruf gelernt, zu dem Gesetzestext lesen, verstehen und umsetzen gehört.

Daraufhin habe ich noch einmal eine Antwort an die Forsten abgesetzt, denn was hatte ich jetzt noch zu verlieren?

Und so schrieb ich am 16.01.2023

An: Berliner Forsten
Betreff: Entnahme eines Ginsters

Guten Tag,

und vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.

Sie fragen/bitten in Ihrer Antwort um mein Verständnis, welches ich gerne aufbringen möchte, aber…

Ich habe mir den von Ihnen angeführten Gesetzespassus dennoch genauer angeguckt und darin heißt es (siehe auch unten den gesamten Paragraphen):

“Die Beseitigung (ich will ihn ja nicht wirklich beseitigen 😉 ) von Einzelbäumen im Wald bedarf der Genehmigung, soweit diese nicht…“

In Ihrer Antwort heißt es weiter: “Leider trifft keiner der 5 Gründen bei Ihnen zu.“

Und ja, keiner dieser 5 Gründe trifft zu, ergo: es bedarf der Genehmigung, um genau die ich Sie eigentlich auch gebeten hatte.

Natürlich liegt es in Ihrem Ermessen bzw. Einzelfallentscheidung meine Bitte abzulehnen, aber die Heranziehung des $ 9 LWaldG in dieser Form, kann aus meiner Sicht nicht wirklich die Begründung Ihrer Entscheidung sein.

Sie merken, dass mir dieser Baum am Herzen liegt und ich auch denke, dass das Fehlen eines Ginsters (es sind noch sehr viele links und rechts der Fundstelle heimisch) den Erholungswert der Berliner Waldbesucher und Ihren Gäste wirklich auffallen/schmälern würde und auch bei der Holzgewinnung und deren Vermarktung nicht wirklich ins Gewicht fallen wird, weil einfach nicht nutzbar.

Freundlich grüßt

G. Austen

4. Akt – Antwort vom Forstamt Köpenick

Auch diesmal kam die Antwort erfreulich schnell, allerdings inhaltlich im Ergebnis hatte sich eher nichts geändert.

Was allerdings für mich diesmal in der Konsequenz akzeptabel war, ist die nun klare und nachvollziehbare formulierte Ablehnung meiner Anfrage, denn nun wird klar, dass eine private Entnahme von Bäumen in Berlin-Köpenick schlicht nicht gewünscht ist. (sprich: Punkt).

Vom: Forstamt Köpenick
Betreff: Entnahme eines Ginsters

Guten Tag G. Austen,

zu Ihrer Anfrage muss ich Ihnen leider mitteilen, dass wir einer Entnahme von Pflanzen durch Dritte im Bereich des Forstamtes Köpenick nicht zustimmen.

Wir wollen hier keine Präzedenzfälle schaffen, welche einen Eingriff in den Pflanzenbestand durch Dritte darstellen und für uns dann auch nicht mehr zu kontrollieren sind.

In diesem Zusammenhang möchte ich mich dafür bedanken, dass Sie hier im Vorfeld nachgefragt haben was leider nicht durch alle Waldbesucher beherzigt wird und hoffe Sie finden im Handel die Möglichkeit einen Ginster zu erwerben.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag

5. Akt – Schlussakkord

Trotz des nicht zufrieden stellenden Ergebnis meiner Anfrage, bleibt bei mir dennoch ein gutes Gefühl zurück.

Warum?

Weil ich an diesem Beispiel einfach mal das versucht habe, was ich immer schon mal machen bzw. testen wollte.

In der Bonsai-Community ist das Thema der Entnahme von Bäumen (gerne auch als Yamadori-/Urbandori-Jagd bezeichnet) aus der “freien Wildbahn” immer mal wieder ein gern diskutiertes Thema und so wollte ich für mich, in meiner Region, einfach mal Klarheit über die hiesigen Möglichkeiten erlangen.

Diese Klarheit habe ich jetzt, zumindest was das städtische Waldgebiet angeht, in dem ich mich fast täglich mit meinem vierbeinigen Freund bewege.

Fazit/Erkenntnis

Wie seiner Zeit auch, so auch diesmal, hat wohl König Otto wieder einmal Recht behalten

Gruß Gernot, der jetzt wieder ein wenig schlauere Bonsai-Nerd

Nachklapp

Heute (21.01.2023) war ich mit meinem Hund noch einmal an der Fundstelle, um uns ganz “offiziell” vom Ginster zu verabschieden. 😉

6 comments

  1. Hallo Gernot,
    das ist mal wieder Typisch … Wenn man einen Baum entnimmt soll nach allgemeinen Gesetzmäßigkeiten ein oder mehrere kleine wieder angepflanzt werden. Da würde ich kein Präzedenzfall mehr sehen. Und in der Bundeshauptstatt entstehen hintern rücken für die normalen Bürger nicht verständlich, viele neue Gesetze, da kommt es doch auf eins mehr oder weniger nicht darauf an, wenn man in einem z.B. Verein nachweislich Ehrenamtlich für die Erhaltung der Natur nützlich ist. Eine einfache Sondergenehmigung wie in deinem Fall hätte es natürlich auch getan. Schade das die Bürokratie in Deutschland wichtiger ist als die Bürger selbst. LG Holger aus Sachsen

  2. Hey Gernot
    Ein herrlicher Beitrag aus deiner kreativen Feder. Wobei auch das Forstamt hier einen grossen Anteil (im Sinne der Kreativität) geleistet hat 🤣
    Letztendlich: Schade, aber nachvollziehbar.
    Beste Grüsse

    1. Hallo Sebastian, Danke für Deinen netten Kommentar. Tja, es brauchte bei den Waldmenschen leider erst eine erneute Nachfrage, um ein akzeptable Antwort zu bekommen. Wäre die so bei der ersten Antwort gekommen, hättet ich das voll akzeptiert, nur wenn man mit §en um sich wirft, die inhaltlich nicht wirklich etwas mit der eigentlich gewollten Begründung zu tun haben, wird mein “Kampfgeist” aktiviert. Gruß in die Schweiz vom Flachlandtiroler Gernot 😉

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